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Landesverordnung zur Ausführung des Kindertagesstättengesetzes

vom 31. März 1998

(GVBl. S. 124), zuletzt geändert durch die Erste Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung zur Ausführung des Kindertagesstättengesetzes vom 27. Dezember 2005 (GVBl. 2005 S. 574)

Aufgrund des § 16 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes vom 15. März 1991 (GVBl. S. 79), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2005 (GVBl. S. 502), BS 216-10, wird verordnet:
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Teil 1
Planung, Gruppengröße und Personalbesetzung

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§ 1
Planungsgrundsätze

Der Bedarfsplan nach § 9 des Kindertagesstättengesetzes wird vom Jugendamt einheitlich für alle Kindertagesstätten nach Anhörung der anerkannten Träger der freien Jugendhilfe und der Gemeinden erstellt. Bei der Bedarfsplanung sind die örtlichen Lebensbedingungen, insbesondere die Sozialstruktur sowie die voraussehbare Entwicklung des Einzugsbereiches zu berücksichtigen.
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§ 2
Kindergärten

( 1 ) Die Bedarfsplanung muss den Erfordernissen zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung entsprechen. Im Bedarfsplan sollen wahlweise neben Teilzeitplätzen mit Vor- und Nachmittagsangebot gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 des Kindertagesstättengesetzes auch Plätze mit einem verlängerten Vormittagsangebot und einer Betreuung über Mittag mit Mittagessen vorgesehen werden. Zudem ist eine ausreichende Zahl von Plätzen zur ganztägigen Betreuung mit Mittagessen (Ganztagsplätze) auszuweisen.
( 2 ) Bei der Bedarfsplanung soll von einer Gruppengröße von 25 Kindern, bei Gruppen mit einem überwiegenden Anteil an Ganztagsplätzen von 22 Kindern ausgegangen werden. Die Gruppengröße kann bei einer Aufnahme behinderter Kinder reduziert werden. Gruppen mit weniger als 15 Kindern sollen nur in Ausnahmefällen vorgesehen werden.
( 3 ) Bei altersgemischten Gruppen sollen
  1. bei Aufnahme ab drei Kindern anderer Altersgruppen eine angemessene Reduzierung der Gruppengröße vorgenommen werden, bei einer zusätzlichen Aufnahme von Kleinkindern gilt als Richtwert 15 Kinder, oder
  2. bei Aufnahme von drei oder vier Kindern zwischen dem vollendeten zweiten und dritten Lebensjahr zusätzlich eine viertel Mitarbeiterstelle und
  3. bei Aufnahme von fünf oder sechs Kindern zwischen dem vollendeten zweiten und dritten Lebensjahr zusätzlich eine halbe Mitarbeiterstelle
je Gruppe vorgesehen werden.
( 4 ) Die personelle Regelbesetzung im Kindergarten beträgt 1,75 Erziehungskräfte je Gruppe. Hiernach sind für den Erziehungsdienst je Gruppe eine Stelle für die Gruppenleitung und eine dreiviertel Mitarbeiterstelle vorzusehen. Bei Kindergärten mit nur einer Gruppe ist neben der Stelle für die Gruppenleitung eine ganze Mitarbeiterstelle vorzusehen. In Kindergärten mit Ganztagsplätzen ist zusätzlich eine viertel Mitarbeiterstelle für mindestens fünf sowie für je weitere zehn Ganztagsplätze vorzusehen. Die Stellen können auf mehrere Erziehungskräfte aufgeteilt werden.
( 5 ) Mit Zustimmung des Jugendamtes kann zusätzliches Erziehungspersonal eingesetzt werden, insbesondere wenn:
  1. die Öffnungszeit unter anderem zur ganztägigen Betreuung von Kindern (Ganztagsplätze) mehr als sieben Stunden täglich beträgt, sofern dem zusätzlichen Personalbedarf nicht bereits nach Absatz 4 Satz 4 Rechnung getragen ist,
  2. Kinder aufgenommen werden, für die ein höherer Betreuungsaufwand besteht (z. B. behinderte Kinder, Kinder aus sozialen Brennpunkten, altersgemischte Gruppen),
  3. die Kindergartenleitung teilweise oder ganz für die Leitungsarbeit freigestellt werden soll,
  4. bei einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund eine geeignete Fachkraft mit interkultureller Kompetenz eingesetzt werden soll,
  5. zur besonderen Förderung von Aussiedlerkindern, die nicht oder nur unzureichend deutsch sprechen und sich in die für sie fremde Umgebung eingewöhnen müssen, eine zusätzliche Stelle für mindestens zwölf, eine halbe Stelle für mindestens sechs Aussiedlerkinder eingerichtet werden soll,
  6. zur Vermittlung der französischen Sprache im Kindergarten eine französische Erziehungskraft eingesetzt werden soll; der Kindergarten soll im Einzugsbereich einer Grundschule liegen, die die französische Spracharbeit fortführt.
Liegen bei einem Kindergarten gleichzeitig mehrere Voraussetzungen für eine Erhöhung der personellen Besetzung vor, wird vom Jugendamt mit dem Träger ein auf die Einrichtung bezogener besonderer Personalschlüssel vereinbart.
( 6 ) Bei schwachem Nachmittagsbesuch soll der Träger unter Berücksichtigung eines ausreichenden Angebotes an Betreuung über Mittag mit Mittagessen sowie der Notwendigkeit einer besonderen pädagogischen Förderung und der angemessenen Verfügungszeit im Einvernehmen mit dem Jugendamt und dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in der Regel eine Personalanpassung vornehmen.
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§ 3
Tagesbetreuung von Schulkindern

( 1 ) Die Bedarfsplanung für die Tagesbetreuung von Schulkindern hat insbesondere die Zahl der Kinder von Alleinerziehenden und von Eltern, die beide erwerbstätig sind oder in Ausbildung stehen, zu berücksichtigen. Das Angebot soll mindestens der im Bedarfsplan für Kindergärten ausgewiesenen Zahl der Plätze mit Betreuung über Mittag entsprechen. Die Bedarfsplanung ist mit den Angeboten schulischer Betreuung abzustimmen.
( 2 ) Im Bedarfsplan ist festzulegen, inwieweit die notwendigen Plätze in Horten, in Kindergärten, in anderen geeigneten Kindertagesstätten oder in Kindertagespflege bereitgestellt werden sollen.
( 3 ) Die Gruppengröße im Hort beträgt in der Regel 15 bis 20 Kinder.
( 4 ) Für den Erziehungsdienst im Hort sind je Gruppe grundsätzlich eine Stelle für die Gruppenleitung und eine halbe Mitarbeiterstelle vorzusehen. Beträgt die tägliche Öffnungszeit weniger als sieben Stunden, soll die personelle Besetzung im Benehmen mit dem Jugendamt angemessen verringert werden.
( 5 ) § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und Satz 2 sowie § 7 Abs. 3 gelten entsprechend.
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§ 4
Tagesbetreuung von Kleinkindern

( 1 ) Die Bedarfsplanung für die Tagesbetreuung von Kleinkindern hat insbesondere die Zahl der Kinder von Alleinerziehenden und von Eltern, die beide erwerbstätig sind oder in Ausbildung stehen, zu berücksichtigen.
( 2 ) Im Bedarfsplan ist festzulegen, inwieweit die notwendigen Plätze in Kindergärten, Krippen oder in anderen geeigneten Kindertagesstätten oder in Kindertagespflege bereitgestellt werden sollen.
( 3 ) Die Gruppengröße in Krippen beträgt in der Regel acht bis zehn Kinder.
( 4 ) Für den Erziehungsdienst sind je Gruppe grundsätzlich zwei Stellen vorzusehen, von denen eine mit einer zur Gruppenleitung befähigten Erziehungskraft besetzt sein muss.
( 5 ) § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Satz 2 gelten entsprechend.
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§ 5
Spiel- und Lernstuben

( 1 ) Spiel- und Lernstuben sind Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten, die Kinder aller Altersgruppen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Lebensbedingungen und des sozialen Umfelds fördern. Spiel- und Lernstuben sollen in der Regel ganztägig geöffnet sein. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die notwendige Gemeinwesenarbeit fachlich sichergestellt wird und dass die Spiel- und Lernstuben mit den Grundschulen zusammenarbeiten.
( 2 ) Für den Erziehungsdienst ist in der Regel für jeweils zehn Kinder, die die Spiel- und Lernstube regelmäßig besuchen, eine Stelle vorzusehen. Ab 30 Kindern soll mit Zustimmung des Jugendamtes eine zusätzliche Stelle für den Erziehungsdienst und die Leitungsaufgaben vorgesehen werden. Die Stellen müssen mit Erziehungskräften besetzt sein, deren berufliche Qualifikation mindestens der einer staatlich anerkannten Erzieherin oder eines staatlich anerkannten Erziehers mit Berufserfahrung entspricht.
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Teil 2
Zuweisungen des Landes

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§ 6
Voraussetzungen

( 1 ) Die Träger der Jugendämter erhalten Zuweisungen des Landes als Betreuungsbonus, zur Beitragserstattung und zu den Personalkosten der Kindertagesstätten, wenn die Organisation und personelle Ausstattung der einzelnen Kindertagesstätten den Bestimmungen dieser Verordnung und die fachlichen Voraussetzungen des Personals der jeweils geltenden Vereinbarung mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und den kommunalen Spitzenverbänden entsprechen. Das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung kann Ausnahmen von den in § 2 Abs. 2 genannten Obergrenzen zulassen. Die Träger der Jugendämter erhalten Zuweisungen des Landes für Sprachfördermaßnahmen nach § 2 a Abs. 2 Kindertagesstättengesetz; das Nähere regelt das fachlich zuständige Ministerium durch Verwaltungsvorschrift.
( 2 ) Über die personelle Besetzung nach den §§ 2 bis 5 hinaus werden je Kindertagesstätte die Personalkosten für in der Regel je eine Erziehungskraft im Berufspraktikum und eine Vorpraktikantin oder einen Vorpraktikanten berücksichtigt.. Das Gleiche gilt auch für die angemessenen Kosten für eine Person, die ein freiwilliges soziales Jahr nach dem Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres vom 15. Juli 2002 (BGBl. I S. 2596) in der jeweils geltenden Fassung leistet.
( 3 ) Als Kräfte im Wirtschaftsdienst gelten ausschließlich Reinigungs- und Küchenpersonal.
( 4 ) Die nachgewiesenen Kosten der Fortbildung und Fachberatung werden bis zur Höhe von 0,8 v. H., bei Kindertagesstätten mit nur einer Gruppe bis zur Höhe von 1 v. H. der übrigen zuwendungsfähigen Personalkosten berücksichtigt.
( 5 ) Die für die jeweilige Kindertagesstätte vorgesehene personelle Besetzung ist grundsätzlich während des ganzen Jahres durch geeignete Erziehungskräfte sicherzustellen. Bei eingruppigen Kindertagesstätten hat der Träger sicherzustellen, dass während der Betreuungszeit zwei Erziehungskräfte gleichzeitig anwesend sind. Eine Unterschreitung der personellen Besetzung infolge von Erziehungsurlaub, längerer Krankheit oder Ausscheiden von Erziehungskräften muss umgehend, spätestens nach sechs Monaten, ausgeglichen werden. Die Vertretung kann auch durch eine Kraft erfolgen, die nicht die fachlichen Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt. Zusätzliche Personalkosten für notwendige Vertretungen von Erziehungs- oder Wirtschaftskräften werden bei der Zuweisung berücksichtigt.
( 6 ) Die Kosten für zusätzliches Personal nach § 2 Abs. 5 werden frühestens ab dem Monat der Antragstellung beim Jugendamt berücksichtigt.
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§ 7
Höhe der Zuweisungen des Landes

( 1 ) Die Höhe der Zuweisungen des Landes zu den Personalkosten für Kindergärten, einschließlich der Personalkosten für altersgemischte Gruppen, sowie für Horte und Krippen ergibt sich aus den jeweiligen Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes.
( 2 ) Für Spiel- und Lernstuben beträgt die Zuweisung des Landes 40 v. H. der Personalkosten.
( 3 ) In den Fällen des § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 bis 6 kann die Zuweisung des Landes zur Entlastung des Trägers und der Eltern mit Zustimmung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel bis zu 60 v. H. der Personalkosten betragen.
( 4 ) Die Erstattung der Trägeranteile an den Personalkosten für Personalaufstockungen in altersgemischten Gruppen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 orientiert sich an den durchschnittlichen Arbeitgeberkosten für eine Erziehungskraft. Diese werden auf 39 000,00 EUR pro Jahr festgelegt und alle drei Jahre durch die oberste Landesjugendbehörde nach Anhörung der Trägerorganisationen an die jeweilige Tarifentwicklung angepasst.
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§ 8
Zuständigkeit

( 1 ) Zuständige Behörde für die Gewährung der Zuweisungen des Landes nach dieser Verordnung ist das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung.
( 2 ) Das Jugendamt prüft bei jedem Antrag auf Zuwendungen zu den Personalkosten und zur Beitragserstattung die Einhaltung des Kindertagesstättengesetzes und dieser Verordnung; es hat bei eigenen Einrichtungen die Einhaltung zu gewährleisten. Das Jugendamt erteilt über den Zuschuss einen vorläufigen Bewilligungsbescheid, zahlt die bewilligten Mittel aus und prüft den Verwendungsnachweis. Bei eigenen Einrichtungen des Trägers des Jugendamtes erfolgt die Prüfung des Verwendungsnachweises durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung.
( 3 ) Das Jugendamt übersendet dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bis spätestens 30. Juni eines jeden Kalenderjahres einen Gesamtverwendungsnachweis nach vorgegebenem Formblatt über die im abgelaufenen Jahr für die einzelnen Kindertagesstätten aufgewandten Landesmittel. Diese sind getrennt nach Kindergärten, einschließlich altersgemischter Gruppen, sowie nach Krippen, Horten und anderen Kindertagesstätten auszuweisen. Die Erstattung der Elternbeiträge ist gesondert auszuweisen.
( 4 ) Die vorläufige Jahreszuweisung an das Jugendamt wird in der Regel in drei Abschlagszahlungen Anfang Februar, Juni und Oktober gezahlt. Die Höhe bestimmt sich nach der letzten Abschlagszahlung des Vorjahres. Auf Antrag des Jugendamtes können die Abschlagszahlungen erhöht werden, wenn der Mittelbedarf, insbesondere wegen Tarifsteigerungen oder infolge der Neueröffnung oder der Erweiterung von Einrichtungen, wesentlich höher ist.
( 5 ) Das Jugendamt beantragt beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bis zum 15. März den Betreuungsbonus für das Vorjahr. Hierfür weisen die Träger der Einrichtungen dem Jugendamt bis zum 31. Januar die durch sie zum 31. Dezember des Vorjahres betreuten zweijährigen Kinder nach; Absatz 2 Satz 1 und 3 gilt entsprechend. Die Träger der Einrichtungen weisen dem Jugendamt erstmals bis zum 31. Januar 2007 die durch sie am 31. Dezember 2006 betreuten Kinder nach.
( 6 ) Soweit durch diese Verordnung nichts anderes geregelt ist, gelten die Bestimmungen zu § 44 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung vom 20. Dezember 2002 (MinBl. 2003 S. 22, 324) in der jeweils geltenden Fassung.
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Teil 3
Schlussbestimmung

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§ 9
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 2. Januar 2006 in Kraft.