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Ordnung der Notfallseelsorge im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche)

vom 10. Dezember 2013

(ABl. 2013 S. 152)

Präambel
Der Dienst der Notfallseelsorge (NFS) ist Teil der Seelsorge, die der gesamten Kirche aufgetragen ist, und stellt einen besonderen Dienst der Evangelischen Kirche der Pfalz in Kooperation mit den Kommunen, dem Land Rheinland-Pfalz und den weiteren Gebietskörperschaften dar. In diesen Dienst werden Mitarbeitende mit ihren unterschiedlichen Begabungen berufen, um diakonische und seelsorgende Arbeit in Notfallsituationen zu übernehmen. Getragen wird diese Arbeit vom christlichen Menschenbild. Sie ist eingebettet in die Arbeit der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV).
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§ 1
Aufgaben der Notfallseelsorge

( 1 ) Aufgabe der Notfallseelsorge ist die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) für Überlebende, Angehörige, Hinterbliebene, Zeugen und Vermissende.
Hierzu gehört insbesondere:
  1. Betreuung von Angehörigen während einer Reanimation oder nach deren Abbruch,
  2. Begleitung der Polizei beim Übermitteln von Todesnachrichten und anschließender Betreuung der Hinterbliebenen,
  3. Begleitung von unverletzten Beteiligten,
  4. Beistand für Verletzte während der Rettung und in Wartezeiten,
  5. Sorge für Angehörige, die am Einsatzort sind oder dorthin kommen,
  6. Spenden von Sakramenten, wenn dies gewünscht wird,
  7. Beten mit Sterbenden,
  8. Beten für Sterbende und für Tote sowie Aussegnen der Verstorbenen,
  9. Beistand nach Geiselnahme, z. B. Banküberfall,
  10. Beistand bei akuter Suizidgefahr (nur nach entsprechender Ausbildung).
( 2 ) Alle Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger nehmen ihre Aufgabe eigenverantwortlich wahr. Sie arbeiten möglichst in Zweierteams.
( 3 ) Notfallseelsorge ist nicht mit Einsatznachsorge gleichzusetzen. Letztere folgt eigenen Grundsätzen.
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§ 2
Evangelische Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger

( 1 ) Personen, die in der evangelischen Notfallseelsorge mitarbeiten wollen, führen zur Feststellung ihrer Eignung ein Gespräch mit der zuständigen Koordinatorin oder dem zuständigen Koordinator (§ 6 Abs. 2). Vor Beginn ihrer Tätigkeit müssen sie eine Ausbildung im Bereich der Notfallseelsorge absolvieren. Näheres regelt ein Curriculum.
( 2 ) Der Landeskirchenrat beruft auf Vorschlag des Beirates für Notfallseelsorge (§ 3) Personen, welche die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen, zu evangelischen Notfallseelsorgerinnen oder Notfallseelsorgern und entsendet sie im Rahmen eines Gottesdienstes.
( 3 ) Die Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger erhalten für ihren Einsatz in der Notfallseelsorge Versicherungsschutz im Rahmen der bestehenden Sammelversicherungsverträge der Kirchen. Bei Einsätzen im Rahmen des Landeskatastrophenschutzgesetzes haben sie Helferstatus nach Landesrecht und sind dementsprechend versichert.
( 4 ) Die evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger sind verpflichtet, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten im Bereich der Notfallseelsorge fortlaufend zu erweitern und zu vertiefen, insbesondere durch Teilnahme an den vom Beirat für Notfallseelsorge und von der oder dem landeskirchlichen Beauftragten angebotenen Fortbildungen.
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§ 3
Konferenz der evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger

( 1 ) Die evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) sind in der "Konferenz der evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger" zusammengeschlossen. Ihr gehören die vom Landeskirchenrat in den Dienst berufenen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger in der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) an. Das für Notfallseelsorge zuständige Mitglied des Landeskirchenrats, die oder der landeskirchliche Beauftragte für Polizeiseelsorge und ein Mitglied des Forums für Supervision und Beratung haben das Recht, an den Sitzungen der Konferenz mit beratender Stimme teilzunehmen.
( 2 ) Die Konferenz wird mindestens im Abstand von sechs Jahren durch die landeskirchliche Beauftragte oder den landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge (§ 4) im Einvernehmen mit dem Beirat für Notfallseelsorge (§ 3) einberufen.
( 3 ) Auf Antrag von mindestens einem Viertel der Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger oder zweier regionaler Notfallseelsorgeteams in den Kirchenbezirken (§ 6 Abs. 1) ist innerhalb von drei Monaten eine außerordentliche Konferenz einzuberufen.
( 4 ) Alle Einladungen zur Konferenz erfolgen spätestens drei Wochen vorher schriftlich unter Angabe der Tagesordnung.
( 5 ) Die Konferenz ist beschlussfähig, wenn mindestens ein Fünftel ihrer Mitglieder anwesend ist.
( 6 ) Die Konferenz wird von der oder dem landeskirchlichen Beauftragen für Notfallseelsorge geleitet. Sie oder er kann durch ein Mitglied des Beirates vertreten werden.
( 7 ) Die Konfernz hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. Sie nimmt auf jeder ordentlichen Tagung den Bericht des Beirats über seine Tätigkeit entgegen,
  2. sie wählt aus der Mitte der Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger für die Dauer von sechs Jahren die Mitglieder des Beirats für Notfallseelsorge; gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat,
  3. sie wählt eine landeskirchliche Beauftrage oder einen landeskirchlichen Beauftragten und schlägt diese Person dem Landeskirchenrat zur Berufung vor,
  4. sie nimmt Stellung zu einer vom Landeskirchenrat beabsichtigten Änderung dieser Ordnung.
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§ 4
Beirat für Notfallseelsorge

( 1 ) Dem Beirat gehören vier Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger an, die von der Konferenz (§ 1) gewählt wurden. Eine weitere Notfallseelsorgerin oder ein weiterer Notfallseelsorger kann vom Beirat berufen werden.
( 2 ) Der Beirat hat insbesondere folgende Aufgaben:
  1. Mitwirkung bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Notfallseelsorge,
  2. Beratung und Koordination von Kirchenbezirken beim Aufbau und der Fortentwicklung von Notfallseelsorgesystemen,
  3. Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Notfallseelsorge,
  4. Pflege der Beziehungen zu den Dachverbänden der Rettungsorganisationen und des Katastrophenschutzes,
  5. Vorbereitung der Konferenzen und Auswertungstreffen.
( 3 ) Auf Einladung des Beirats für Notfallseelsorge finden in der Regel einmal jährlich Auswertungstreffen zur Erörterung der aktuellen Lage in der Notfallseelsorge im Bereich der Landeskirche statt. Hierzu werden eingeladen:
  1. die Mitglieder des Beirats für Notfallseelsorge,
  2. bis zu zwei Notfallseelsorgerinnen oder Notfallseelsorger eines Notfallseelsorgesystems,
  3. das für die Notfallseelsorge zuständige Mitglied des Landeskirchenrats,
  4. Koordinatorinnen und Koordinatoren der regionalen Notfallseelsorgeteams (§ 4).
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§ 5
Landeskirchliche Beautragte oder landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge

( 1 ) Die oder der landeskirchliche Beauftragte für Notfallseelsorge wird vom Landeskirchenrat für die Dauer von sechs Jahren berufen. Sie oder er sollte über
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eine theologisch-seelsorgerliche Ausbildung,
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fundierte Fachkenntnisse in der PSNV (Nachweis über Fort- und Weiterbildungen), Feldkompetenz in der Arbeit der PSNV und Gefahrenabwehr sowie
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Übungserfahrungen in der Stabsarbeit
verfügen.
( 2 ) Sie oder er hat folgende Aufgaben:
  1. Vorbereitung und Leitung der Sitzungen des Beirats,
  2. Leitung der Tagungen der Konferenz und der Auswertungstreffen,
  3. Vertretung der Konferenz auf der Bundeskonferenz der Beauftragten der Landeskirchen und im Forum für Supervision und Beratung,
  4. Koordination der Notfallseelsorge bei überregionalen Großschadensereignissen im Einvernehmen mit dem Landeskirchenrat,
  5. Zusammenarbeit mit der oder dem Beauftragten für Polizeiseelsorge.
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§ 6
Regionale Notfallseelsorgeteams

( 1 ) Jeder Kirchenbezirk oder mehrere Kirchenbezirke gemeinsam bilden ein regionales Notfallseelsorgeteam, welches sich aus den haupt-, neben- und ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger des jeweiligen Kirchenbezirkes oder der kooperierenden Kirchenbezirke zusammensetzt. Die Notfallseelsorgeteams können sich auch an den Grenzen von Gebietskörperschaften orientieren.
( 2 ) Aus der Mitte eines Notfallseelsorgeteams wird eine Person im Einvernehmen mit den Dekanninen oder den Dekanen sowie mit der oder dem landeskirchlichen Beauftragten zur Koordinatorin oder zum Koordinator benannt.
Zu den Aufgaben der Koordinatorin oder des Koordinators gehört insbesondere:
  1. Teamführung,
  2. Dienstplanung,
  3. Organisation interner Fortbildungen,
  4. Einberufung und Leitung von regelmäßigen Einsatzbesprechungen,
  5. Treffen von Absprachen und Regelungen mit der entsendenen Behörde,
  6. Förderung der interdisziplinären und organisationsübergreifenden Kommunikation zwischen anderen Anbietern der PSNV und den Behörden und Organisationen der Gefahrenabwehr.
( 3 ) Innerhalb des jeweiligen Notfallseelsorgeteams sollen die Erfahrungen in der Notfallseelsorge unter der Leitung der Koordinatorin oder des Koordinators und erforderlichenfalls mit fachlicher Begleitung regelmäßig reflektiert werden.
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§ 7
Leitende Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger in Großschadensfällen

( 1 ) Für den Großschadensfall (z. B. Amoklauf, Zugunglück, Verkehrsunfälle mit mehreren Beteiligten und oder Toten, Flugzeugabsturz, Katastrophen) werden leitende Notfallseelsorgerinnen oder leitende Notfallseelsorger als PSNV-Führungskraft vom Beirat für Notfallseelsorge benannt.
( 2 ) Die leitende Notfallseelsorgerin oder der leitende Notfallseelsorger verfügt über
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eine theologisch-seelsorgerliche Ausbildung,
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fachlich fundierte Spezialkenntnisse der PSNV (z. B. aufgrund von Fort- und Weiterbildungen und Ausbildungsgängen an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Ahrweiler und/oder Koblenz auf dem Gebiet der PSNV),
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Erfahrungswissen (Feldkompetenz) aus aktivem Dienst in Gefahrenabwehr und PSNV und
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Kenntnisse und Übungserfahrungen in der Stabsarbeit.
( 3 ) Im Einsatz sind alle alarmierten evangelischen Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger der leitenden Notfallseelsorgerin oder dem leitenden Notfallseelsorger vor Ort unterstellt.
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§ 8
Freizeitregelung

( 1 ) Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern, die in einem Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis zur Landeskirche stehen, wird zum Ausgleich der besonderen Belastung eines ausgeübten Bereitschaftsdienstes eine angemessene Befreiung von dienstlichen Pflichten ermöglicht. Angemessen ist ein Tag Dienstbefreiung (Ausgleichstag) für eine Woche Bereitschaftsdienst. Der Ausgleichstag ist in zeitlicher Nähe zum Bereitschaftsdienst zu beantragen. Auf Antrag kann der Ausgleichstag auch mit dem anstehenen Erholungsurlaub des Kalenderjahres kombiniert werden.
( 2 ) Für die Entscheidungen in Fragen der Freizeitregelungen ist die jeweilige Dekanin oder der jeweilige Dekan zuständig. Sie oder er unterstützt die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger bei der Organisation ihres Vertretungsdienstes. Die Vorschriften der Ordnung des Vertretungsdienstes der Pfarrerinnen und Pfarrer (Vertretungsordnung) in der jeweils gültigen Fassung finden Anwendung.
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§ 9
Finanzen

Der jeweilige Kirchenbezirk, in dessen Gebiet ein landeskirchliches Notfallseelsorgeteam arbeitet, soll im Rahmen seines Haushalts Gelder für Aus- und Fortbildung, Ausstattung und Fahrtkosten des Notfallseelsorgedienstes zur Verfügung stellen.
Artikel 2 der Ordnung zur Ablösung der Ordnung der Notfallseelsorge im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) vom 10. Dezember 2013 (ABl. 2013 S. 152) hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 2
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Ordnung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Ordnung der Notfallseelsorge im Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) vom 14. Januar 2003 (ABl. S. 37) außer Kraft."