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Richtlinien über das Verhalten der Kirche gegenüber Ausgetretenen

vom 22. Februar 1991

(ABl. 1991 S. 56)

Das Verhalten der Kirche gegenüber den Ausgetretenen ist in den letzten Jahren durch Veränderungen gekennzeichnet, denen die Richtlinien aus dem Jahre 1921 (GOV I S. 77ff.) nicht mehr ganz gerecht werden. Stärker als im Jahre 1921 wird die Notwendigkeit einer einladenden und offenen Kirche gesehen. Stärker auch als in der Vergangenheit tritt die Frage nach dem seelsorgerlichen Handeln des Pfarrers in den Vordergrund. Dennoch müssen wir in den Gemeinden die Entscheidung eines Kirchenaustritts ernst nehmen und immer wieder verdeutlichen, dass dies auch Konsequenzen für die Inanspruchnahme kirchlicher Amtshandlungen hat. Diese Gesamtsituation hat in den Gemeinden zu Verunsicherungen geführt. Die folgenden Richtlinien sollen weiterhin eine größere Gemeinsamkeit des Handelns ermöglichen. Sie regeln ihrem Wortlaut nach das Verhalten gegenüber den aus der evangelischen Kirche Ausgetretenen und geben damit zugleich eine Orientierung für das Verhalten der Kirche gegenüber anderen Nichtmitgliedern.
Der Landeskirchenrat hat aufgrund von § 98 Abs. 2 Nr. 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) am 22. Januar 1991 die nachstehenden Richtlinien beschlossen:
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Artikel 1

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I. Taufe

  1. Die Taufe wird vorgenommen, wenn ein Elternteil der Kirche angehört und der andere Elternteil, der aus der Kirche ausgetreten ist, nicht widerspricht.
  2. Die Taufe kann vorgenommen werden, wenn zwar beide Eltern aus der Kirche ausgetreten sind, aber ihre ausdrückliche Erklärung vorliegt, dass sie die christliche Erziehung ihres Kindes wünschen und es am evangelischen Religions- und Konfirmandenunterricht teilnehmen lassen werden. In solchen Fällen soll der Pfarrer den Eltern helfen, evangelische Paten zu finden.
  3. Wer aus der Kirche ausgetreten ist, kann nicht als Pate zugelassen werden.
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II. Trauung

  1. Die kirchliche Trauung eines evangelischen Ehepartners mit einem aus der Kirche ausgetretenen Ehepartner kann vorgenommen werden, wenn die ausdrückliche Erklärung des Ausgetretenen vorliegt, den evangelischen Ehepartner in der Ausübung seines Glaubens nicht zu behindern und gegenüber einer christlichen Kindererziehung keine Einwände zu erheben.
  2. Die kirchliche Trauung kann nicht vorgenommen werden, wenn beide Eheleute aus der Kirche ausgetreten sind.
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III. Bestattung

  1. Die Mitwirkung der Kirche bei der Bestattung Ausgetretener ist grundsätzlich unzulässig.
    Die kirchliche Bestattung kann nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden,
    1. wenn der Verstorbene den Wunsch zu erkennen gegeben hatte, der Kirche wieder angehören zu wollen und die Angehörigen eine kirchliche Bestattung erbitten oder
    2. wenn der Pfarrer im seelsorgerlichen Gespräch mit den Angehörigen zu der Überzeugung kommt, dass die besondere Situation eine kirchliche Bestattung rechtfertigt und sie im Blick auf die Haltung des Verstorbenen und seiner Angehörigen zur evangelischen Kirche verantwortet werden kann. In diesem Fall berät sich der Pfarrer zuvor mit seinem Dekan.
  2. Auch wenn die kirchliche Bestattung abgelehnt wird, soll der Pfarrer den Angehörigen, die der evangelischen Kirche angehören, eine Andacht anbieten, die aber nach Art, Ort und Zeit von einem Trauergottesdienst eindeutig unterschieden sein muss.
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Artikel 2

Diese Richtlinien treten am 1. März 1991 in Kraft.